Ein Fühler für Weltraumschrott

Ein Fühler für Weltraumschrott

14. September 2017 | von Thorsten Naeser und Fraunhofer/IOF

Weltraumschrott und kleinste Gesteinsfragmente im Erdorbit sind Risiken für Raumfahrt und Satelliten. Ein Team des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Optik und Feinmechanik begegnet der Gefahr mit einem neuen Faserlaser. Er bestimmt Lage und Bewegungsrichtung von unkontrollierten Flugobjekten.

Weltraummüll ist ein großes Problem in der Raumfahrt. Außer Dienst gestellte oder havarierte Satelliten, Bruchstücke von Raumstationen und Reste von Weltraummissionen sind eine Gefahr für Kollisionen mit aktiven Satelliten und Raumfahrzeugen. Zusammenstöße bergen neben ihrer zerstörerischen Kraft weiteres Risikopotential. Tausende Trümmerteile entstehen, die wiederum mit funktionstüchtigen Objekten kollidieren könnten – ein gefährlicher Schneeballeffekt.

Weltraumschrott muss daher zuverlässig aufgespürt und erfasst werden. Das haben sich nun Experten des Fraunhofer IOF in Jena zur Aufgabe gemacht und ein spezielles Lasersystem entwickelt. „Mit unserem System kann die genaue Lage und Bewegungsrichtung von Objekten im Erdorbit zuverlässig und zentimetergenau bestimmt werden“, erläutert Dr. Thomas Schreiber von der Gruppe Faserlaser am Fraunhofer IOF. „Lasersysteme wie das unsrige, müssen leistungsfähig sein, um den extremen Bedingungen des Weltalls standhalten zu können. Dazu zählt insbesondere die hohe Belastung während des Starts der Trägerrakete, bei der die Technologie starken Vibrationen ausgesetzt ist“. Im Erdorbit stellen die hohe Strahlungsbelastung, die extremen Temperaturschwankungen und die niedrige Energieversorgung eine ebenso große Hürde dar. Darüber hinaus muss die Analyse der Weltraumtrümmer über große Distanzen möglich sein.

Das Lasersystem der Jenaer Forscher verwendet eine Glasfaser, durch die der Laserstrahl geleitet und verstärkt wird, bevor er auf seine lange Reise geht. „Zur Bestimmung von Geschwindigkeit, Bewegungsrichtung und Eigenrotation der Objekte werden kurze Laserpulse, die nur wenige Milliardstel einer Sekunde andauern, an verschiedene Positionen im Raum geschossen“, erklärt Schreibers Kollege Dr. Oliver de Vries. Tausende Pulse pro Sekunde sind möglich. Falls sich ein Objekt an einer der untersuchten Positionen befindet, wird ein Teil der Strahlung an einen speziellen, direkt in das System integrierten Scanner zurückreflektiert. Obwohl das ausgesendete Licht sehr schnell ist, braucht es Zeit, um vom Laser zum Objekt und wieder zurück zu gelangen. Diese Pulslaufzeit wird dann in eine Distanz und eine 3D Koordinate umgewandelt. Die Sensoren des Systems, die die zurückgeworfenen Lichtreflexe auffangen, erfassen noch Milliardstel der abgestrahlten Lichtleistung.

Das von den Forschern des Fraunhofer IOF – ursprünglich im Auftrag der Jena-Optronik GmbH und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) – entwickelte Prinzip wurde bereits erfolgreich bei einem Andock-Manöver eines Raumtransporters an die Internationale Raumstation ISS getestet. Das Jenaer System punktet auch mit seinem Energieverbrauch: Der Faserlaser arbeitet bei voller Leistung mit weniger als zehn Watt – deutlich weniger als ein Laptop.

 

Bild: Im Einsatz gegen die Gefahren von Weltraumschrott im Erdorbit: Die Laser-Technologie des Fraunhofer IOF. Copyright: Christian Süß – Fraunhofer IOF