Perfekte Illusion in 3 Dimensionen
© Thorsten Naeser

Perfekte Illusion in 3 Dimensionen

Die Elektronik der Zukunft könnte durch Licht gesteuert werden.

17. Juni 2016 | von Thorsten Naeser

Der Schwertkampf gegen Hologramme. – nicht am Bildschirm, sondern in 3D. Das könnte in Zukunft möglich sein. Sobald es gelingt, Rechner mit den Frequenzen von Licht arbeiten zu lassen. Diese Rechner wären 100.000 Mal schneller als die von heute. Physiker arbeiten derzeit an der Lösung von technischen Problemen, die solchen Computern noch im Wege stehen. Etwa, wie verhindert werden kann, dass die Schaltkreise überhitzen.

Wir befinden uns im Jahr 2050. In einer großen Halle in einem Industriegebiet einer Millionenmetropole. Laute Kampfgeräusche tönen auf die Straße. In der Halle überfällt eine wilde Horde von Orks eine kleine Gruppe von Freunden, die sich hier verabredet haben um in virtuelle Welten einzutauchen. Heldenhaft verteidigt sich die Gruppe gegen die immer wieder aufs Neue anstürmenden Kreaturen. Über dem Schlachtfeld ziehen dunkle Wolken über den Himmel, es blitzt und donnert gewaltig. Ein Ork nach dem anderen muss sein Leben lassen. Die Hologramme lösen sich in Luft auf. Kurz darauf gehen die Neonlampen an der Deckenhalle an, und die Gruppe feiert ihren glorreichen Sieg gebührend am Tresen in einer Ecke der Spielhalle.

Wenn die Illusion perfekt sein soll, benötigt man eine enorme Rechenleistung, die für so ein virtuelles Schlachtenszenario gegen Hologramm-Orks notwendig ist. Und dazu müssen die Daten auch noch extrem schnell verarbeitet werden. Denn einem langsamen Ork hat bis jetzt noch jeder den Garaus gemacht. Noch ist die Datenübertragung und Rechenleistung nicht ausreichend um solche virtuellen Welten im großen Maßstab zu simulieren. Doch das wird sich ändern. Denn künftig könnten Computer ähnlich schnell und effizient arbeiten wie Lichtwellen schwingen. Das würde dann die Rechenleistung im Vergleich zu heute etwa um den Faktor 100.000 erhöhen.

Lichtwellen schwingen rund eine Trillion Mal pro Sekunde. Und genauso oft schwingt auch ihr elektrisches Feld. Dieses elektrische Feld beeinflusst wiederum Elektronen, die als Daten- und Informationsüberträger in unseren Computern fungieren. Damit würden eine Trillion Rechenoperationen in der Sekunde möglich.

Bis dahin ist es zwar noch weiter Weg. Aber den Grundstein dazu haben Forscher bereits heute gelegt. Es ist ihnen schon gelungen die Bewegungsrichtung von Elektronen mit den Frequenzen von Lichtwellen zu steuern. Jetzt haben sie ein weiteres Problem erkundet. Computer werden heiß, wenn sie arbeiten und man muss sie vor Überhitzung schützen. Das wäre auch bei einer von Lichtwellen gesteuerten Elektronik der Zukunft der Fall. Also muss man einen Festkörper für die notwendige Interaktion zwischen Licht und Materie finden, dessen Elektronen die Energie der Lichtwellen nicht aufnehmen, sondern nach einer Reaktion wieder abgeben. Siliziumoxid, also Glas, könnte dafür in Frage kommen. Denn bei Versuchen haben die Forscher festgestellt, dass die Elektronen auf die Lichtwellen reagieren und die Energie des Lichts zwar kurz aufnehmen, sie dann aber auch wieder abgeben. Damit überhitzt das Glas nicht, wenn man viele Lichtpulse durchschickt. Diese Entdeckung ist so spektakulär, dass die Forscher darüber jetzt im renommierten Fachmagazin Nature darüber berichten.

Die etwas unterkühlte Beziehung zwischen Licht und Glas könnte also eine Lösung sein, um in Zukunft die Elektronik mit den Frequenzen von Licht zu betreiben ohne eine Überhitzung der Computersysteme zu riskieren. Eine so genannte Lichtwellenelektronik wäre dann die ultimative Grenze für die Geschwindigkeit, die eine Datenübertragung oder der Austausch von Informationen erreichen kann. Eine, durch Lichtfrequenzen, getriebene Computerleistung würde neue Perspektiven für daten- und rechenintensive Simulationen eröffnen, etwa für die Vorhersage von Naturkatastrophen oder für die Simulation neuer Wirkstoffe in den Lebenswissenschaften. Ihrer Einsatzmöglichkeit sind eigentlich keine Grenzen gesetzt.

Und dennoch bliebe eine Schlacht gegen virtuelle Orks im Jahr 2050 schweißtreibend. Zumindest aber müsste man nicht unter Sauna-Bedingungen gegen die Untoten kämpfen, weil die lichtgesteuerten Computer bei der Produktion der Hologramme heiß laufen.