Physik, Kultur und Tropfsteine

Physik, Kultur und Tropfsteine

16. November 2017 | von Thorsten Naeser

Ein Team des Schülerlabors PhotonLab nahm erfolgreich am internationalen Physikwettbewerb im rumänischen Oradea teil. Zurückgekommen sind die jungen Teilnehmer mit einer Menge neuer Bekanntschaften, Erfahrungen und Eindrücken im Gepäck.

Serafin Körner ist aufgeregt. Gerade hat er seine Aufgaben für den internationalen Schwartz-Physikwettbewerb auf drei DinA4 Seiten bekommen. Serafin sitzt an einem schmalen Holztisch in einem Klassenzimmer des Gymnasium Ady Endre im rumänischen Oradea. Gespannt liest sich der 15jährige die Fragen durch. Dann schnappt er sich Geodreieck und Bleistift und fängt an zu rechnen.

Einen Tag zuvor ist Serafin knapp 1000 Kilometer zusammen mit einer Gruppe aus Schülern und Studenten aus München zum Physik-Wettbewerb mit dem Bus nach Oradea angereist. Eingeladen wurde das Team aus München von Dr. Istvan Bartos. Bartos war viele Jahrzehnte Physiklehrer im Gymnasium Ady Endre und organisiert dort seit 1991 den internationalen Physikwettbewerb. Im letzten Jahr besuchte Bartos mit einer Gruppe von Schülern das Labor für Attosekundenphysik (LAP) von Prof. Ferenc Krausz am Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) und das zugehörige Schülerlabor PhotonLab unter der Leitung von Dr. Silke Stähler-Schöpf. Daraus entstand die Idee, auch deutsche Schüler und Studenten für den Wettbewerb zu begeistern und ihnen die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen.

Jetzt ist es also soweit. Zusammen mit 81 Teilnehmern im Alter zwischen 15 und 23 Jahren hat Serafin drei Stunden Zeit die Aufgaben aus Physik und Chemie des Schwartz-Wettbewerbs zu lösen. Aufgeteilt ist der Wettbewerb in fünf Kategorien, Schüler der Klassen 10 bis 12,Studenten und einen Experimentalwettbewerb. Serafin ist erst in der 9. Klasse und startet in der jüngsten Kategorie. Bei der ersten Aufgabe aus der Optik gilt es die Dicke einer Linse aufgrund des Satzes des Pythagoras zu berechnen. Dann geht es um Billard. Zwei Kugeln mit unterschiedlicher Masse treffen aufeinander. Man weiß, wie die Kugeln wegrollen und muss daraus berechnen, wie ihr Masseverhältnis ist. Und zum Schluss steht ein Ausflug in die Chemie an: Es gilt die Dichte einer Tinktur auszurechnen, die ein Apotheker aus verschiedenen Substanzen zusammengemischt hat.

Das Besondere des Wettbewerbs ist die familiäre Atmosphäre. Die Teilnehmer reisen am Tag zuvor an und übernachten im Internat. Es wird miteinander gegessen, über Physik gefachsimpelt und sich ausgetauscht über den anstehenden Wettbewerb. „In unserem Zimmer waren wir zu dritt“, erzählt Ann-Kathrin Raab, eine weitere Teilnehmerin aus dem PhotonLab-Team. Ann-Kathrin studiert an der Technischen Universität München Physik und nahm in der Kategorie „Studenten“ teil. „Wir haben schnell neue Bekanntschaften geschlossen und eine gute Zeit miteinander gehabt“, erzählt sie danach begeistert. Nach dem Wettbewerb ging es am selben Abend in das Nachtleben von Oradea mit Teilnehmern aus Ungarn und Rumänien. Verständigt wurde sich auf Englisch.

Für Serafin war die Reise eine spannende Erfahrung, nicht nur während der Veranstaltung. Denn die Organisatoren haben neben dem Wettbewerb ein Besichtigungsprogramm am folgenden Sonntag auf die Beine gestellt. „In Rumänien war ich bisher nicht“, freut sich der Schüler vom Gymnasium Grünwald. Istvan Bartos begleitete das Team in die rund85 Kilometer östlich von Oradea gelegene Bärenhöhle. Tief im kaltnassen Berg bestaunten Serafin und die PhotonLab-Reisegruppe gewaltige Tropfstein-Formationen in einem beeindruckenden steinernen Naturdom, der mit künstlichem Licht monumental ausgeleuchtet ist und ein 15.000 Jahre altes Bärenskelett. Am gleichen Abend gab es noch eine Stadtführung durch das ungarisch geprägte, prächtig ausgeleuchtete alte Oradea.

Serafin ist in seiner Altersklasse im guten Mittelfeld des Wettbewerbs gelandet. Für Physik begeistert er sich schon lange, genau wie sein Opa, der an der Technischen Universität München Professor für Kernphysik war. „Es war aufregend, hier am Physik-Wettbewerb teilzunehmen, neue Leute kennenzulernen und die Natur und Stadt zu erkunden“, sagt der Schüler. Ob er später eher Physik studieren möchte, oder doch lieber Medizin wie sein Vater, weiß er noch nicht.

Auch Serafins Teamkollegen haben den Wettbewerb erfolgreich bestritten. Das lag nicht zuletzt an der guten Vorbereitung, die entscheidend die ungarische LAP-Laserphysikerin Dr. Zsuzsanna Major vom Labor für Attosekundenphysik unterstützte. Jonas Hamp startete in der gleichen Kategorie und landete ebenfalls im Mittelfeld. Ann-Kathrin Raab wurde dritte in ihrer Altersklasse in einem separat bewerteten Experimentteil des Wettbewerbs. Hier galt es, ein von Istvan Bartos vorgeführtes Experiment präzise physikalisch zu beschreiben. Den größten Erfolg aber konnte Sven Jandura, der ebenfalls an der Ludwig-Maximilians-Universität Physik studiert, für sich verbuchen. Er gewann in seiner Kategorie den ersten Platz mit der besten jemals erreichten Punktezahl.