Die dunkle Seite des Universums
Das Kernelement des CRESST Experiments detektiert sogar Teilchen, die mit Materie kaum interagieren | © Max-Planck-Institut für Physik

Die dunkle Seite des Universums

11. Juli 2016 | von Nils Haag

Über die Jahrhunderte haben Astronomen dem Universum mit Hilfe von Licht viele Geheimnisse entrissen. Doch seit mehr als 80 Jahren entdecken Wissenschaftler immer mehr Hinweise darauf, dass der Großteil des Universums im Dunkeln verborgen liegt. Denn das All scheint zu etwa 85% aus einer uns völlig unbekannten Art von Materie zu bestehen, die Licht weder aussendet noch absorbiert. Eine direkte Beobachtung durch Teleskope ist also nicht möglich. Doch woraus besteht diese bisher unbekannte Dunkle Materie? Weshalb weiß man überhaupt von ihrer Existenz, wenn sie nicht direkt beobachtet werden kann? Und gibt es Möglichkeiten, doch etwas über sie zu erfahren?

Alles, was wir im Universum sehen, ist aus lediglich drei Bausteinen aufgebaut — Protonen, Neutronen und Elektronen. Diese bilden die Grundlage, um alle Sterne, Staubwolken oder sogar das komplexe Leben auf unserem Planeten zu gestalten. Die elektrisch geladenen Teilchen (Elektronen und Protonen) wechselwirken mit Licht und bilden somit Materie, die Licht emittiert, absorbiert und streut.

Dieses Licht dient als Bote von Informationen über seine Quelle, die Prozesse der Physik und die Geschichte unseres Universums. So kann man beispielsweise durch die Betrachtung des sichtbaren Lichts der Sternen schon eine beträchtliche Menge lernen. Die erste Erkenntnis ist, dass es überhaupt Sterne und Galaxien gibt. So selbstverständlich diese Aussage erscheint, weiß man doch nur deswegen davon, weil das Licht der Sterne die Erde erreicht und sie damit für uns sichtbar sind. Aus der Nachverfolgung der Bewegung der Himmelskörper kann man etwas über unseren Platz im Sonnensystem und in der Galaxie lernen. Doch es wird durch das ankommende Licht noch einiges mehr als die Existenz und die Anordnung der Sterneklar. Bei genauem Hinsehen entdeckt man nämlich, dass in dem kontinuierlichen Spektrum, das die Sterne aussenden, einige Farben fehlen. Aus dieser Tatsache leitet sich ab, dass Sterne riesige Bälle aus Wasserstoff sind, der im Inneren zu Helium und später eventuell zu schwereren Elementen fusioniert wird und damit Energie in Form von Licht erzeugt. Aus dem Licht von Sternen können wir ihr Alter und ihre Masse bestimmen und sogar Aussagen darüber treffen, ob der Stern sich am Ende seines Lebens als Supernova von der galaktischen Bühne verabschieden wird. Wiederum diese Supernovae sind es, die überhaupt erst schwere Elemente generieren können und damit das Material für unseren Planeten und uns selbst erzeugt haben.

Ein Foto, aufgenommen vor 14 Milliarden Jahren

Nicht nur über einzelne Objekte im Universum können Aussagen getroffen werden. Das Licht erlaubt es, Einblicke in eine Zeit kurz nach dem Urknall zu gewinnen und damit die Geschichte des gesamten Universums zu verstehen. Denn zu seiner Frühzeit, in den ersten etwa 380.000 Jahren, war das Universum so heiß, dass sich Elektronen und Protonen nicht zu stabilem Wasserstoff zusammenschließen konnten. Diese Hitze bedeutet, dass viele Lichtteilchen mit hoher Energie existierten, die die Bindung zwischen den Teilchen sofort wieder zerstörten. Andererseits konnte Licht somit nicht ungestört durch das All fliegen, da es nach kürzester Flugstrecke mit freien Protonen und Elektronen kollidierte. Erst als das Universum durch die Expansion weiter abgekühlt war, wurde das Universum für Licht durchlässig. Das Licht, das zu diesem Zeitpunkt das letzte Mal gestreut wurde, fliegt seitdem durch das All und kann als sogenannter kosmischer Mikrowellenhintergrund gemessen werden. Es ist, als würde man ein Foto vom Universum von vor etwa 14 Milliarden Jahren betrachten. Seit der Aussendung des Lichtes aus der frühen Phase des Kosmos hat diese kosmische Hintergrundstrahlung keine Störung erfahren. Es trägt somit noch die Informationen aus seiner Entstehungszeit. Die Ergebnisse, die man aus diesen Messungen zieht, beweisen in erstaunlicher Präzision die Urknalltheorie und helfen dabei, unser Verständnis des Kosmos im Großen, aber auch der Teilchenphysik im Detail zu vertiefen.

Zudem lernen wir etwas Bemerkenswertes aus dem kosmischen Mikrowellenhintergrund: Bei all dem Wissen über die grundlegende Physik, das in den letzten Jahrhunderten gesammelt werden konnte, muss man feststellen, dass die bekannte Materie in der Betrachtung des gesamten Inhaltes des Universums kaum ins Gewicht fällt. Es gibt noch etwas, das deutlich mehr zur Masse des Universums und damit zur Strukturbildung und Evolution der Galaxien beiträgt. Wir betreten das Feld der Physik der Dunklen Materie …